Sri Lanka
ArbeiterInnen in der Bekleidungsindustrie Sri Lankas
Sri Lankas Bekleidungsfabriken liegen mehrheitlich in Freihandelszonen (FTZ), die vom Staat errichtet wurden, um ausländische Investoren anzulocken. Produziert wird für den Export, und geworben wird mit kostenloser Infrastruktur und Steuerbefreiungen, aber auch mit "flexiblen, leicht manipulierbaren" Arbeitskräften, deren Arbeitsrechte in den Zonen kaum geachtet werden.
Situation der Beschäftigten
Eine gespaltene Gesellschaft
Die Gewerkschaft FTZ&GSEU
Das einzige, was den Beschäftigten wirklich hilft, ihre Rechte gegen unwillige Arbeitgeber und untätige Behörden durchzusetzen, ist die Möglichkeit, sich in unabhängigen Gewerkschaften ihrer Wahl zu organisieren !
Ein Interview mit Anton Marcus von der FTZ&GSEU zur Situation der Bekleidungsbeschäftigten in Sri Lanka findet sich auf der Webseite der Internationalen Arbeitsorganisation ILO.
Hier geht es zum Video (auf englisch).
ArbeiterInnen in der Bekleidungsindustrie Sri Lankas
Sri Lankas Bekleidungsfabriken liegen mehrheitlich in Freihandelszonen (FTZ), die vom Staat errichtet wurden, um ausländische Investoren anzulocken. Produziert wird für den Export, und geworben wird mit kostenloser Infrastruktur und Steuerbefreiungen, aber auch mit "flexiblen, leicht manipulierbaren" Arbeitskräften, deren Arbeitsrechte in den Zonen kaum geachtet werden.
Situation der Beschäftigten
Eine gespaltene Gesellschaft
Die Gewerkschaft FTZ&GSEU
Situation der Beschäftigten
75 bis 80 Prozent der Arbeiterinnen in den Bekleidungsfabriken Sri Lankas sind ledige Frauen unter 30 Jahren, die ihre Dörfer in den ländlichen Gegenden verlassen haben, um in den Freihandelszonen zu arbeiten. Die meisten unterstützen mit dem Lohn ihre Familien. Die Frauen werden von den Unternehmen als flexible, leicht manipulierbare Arbeitskräfte geschätzt, die kaum je ihre Rechte einfordern. Ihr gesellschaftlicher Status ist sehr niedrig, so dass es in Heiratsanzeigen häufig heißt: "keine Fabrikarbeiterinnen!"
Die Arbeitsbedingungen in den FTZ Sri Lankas sind u.a. gekennzeichnet durch:
Die Bedingungen, die in den Freihandelszonen außerhalb der Fabriken herrschen, sind nicht besser. Die Arbeiterinnen leben in Wohnheimen in einzelnen überfüllten Räumen, wo sich häufig zehn bis zwölf Frauen eine Fläche von drei mal vier Metern teilen, auf der sie auch noch kochen müssen. Oft gibt es keinen Strom, und frisches Wasser ist knapp. Belüftung und Sanitäranlagen sind in der Regel nicht ausreichend. Die Arbeiterinnen geben ihre Löhne für das Überlebensnotwendige aus: Nahrung, Unterkunft, Fahrt zur Arbeit; kleine Beträge werden an die Familien geschickt. Manchmal sparen die Frauen über Jahre für eine Mitgift.
Auch außerhalb der FTZ finden Arbeiterinnen schlechte Arbeitsbedingungen vor. Die Löhne sind oft noch niedriger. Immerhin ist es dort aber einfacher, Gewerkschaften zu bilden, da die Kontrolle der gesamten Lebensumstände der Arbeiterinnen durch die Unternehmen nicht ganz so schrankenlos ist wie in den FTZ, wo die Arbeiterinnen innerhalb der umzäunten Areale leben, die von Militärs und Sicherheitskräften patroulliert und abgeriegelt werden, um die Politik des Zutrittsverbots für unerwünschte 'Elemente' (Presse, Gewerkschaften, NGO-VertreterInnen, Arbeitsinspektoren) abzusichern. Innerhalb der FTZ fällt es den Unternehmen unter diesen Bedingungen leicht, Ansätze der Organisierung im Keim zu ersticken. Auch Fälle brutaler Unterdrückung und Gewaltanwendung gegen streikende oder demonstrierende Beschäftigte bleiben wegen der fehlenden Kontrolle häufig folgenlos.
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75 bis 80 Prozent der Arbeiterinnen in den Bekleidungsfabriken Sri Lankas sind ledige Frauen unter 30 Jahren, die ihre Dörfer in den ländlichen Gegenden verlassen haben, um in den Freihandelszonen zu arbeiten. Die meisten unterstützen mit dem Lohn ihre Familien. Die Frauen werden von den Unternehmen als flexible, leicht manipulierbare Arbeitskräfte geschätzt, die kaum je ihre Rechte einfordern. Ihr gesellschaftlicher Status ist sehr niedrig, so dass es in Heiratsanzeigen häufig heißt: "keine Fabrikarbeiterinnen!"
Die Arbeitsbedingungen in den FTZ Sri Lankas sind u.a. gekennzeichnet durch:
- Basislöhne, die so niedrig sind, dass sie nicht zum Leben reichen
- lange Arbeitstage, um unrealistisch hoch gesteckte Produktionsziele zu erreichen und dadurch die mageren Basislöhne mit Zulagen aufzustocken
- Zwangsüberstunden (in Sri Lanka bis zu 60 Std. pro Monat legal !)
- häufige Verweigerung des Rechts auf freie Tage oder Urlaub
- Bestrafungen und Lohnabzüge bei 'Vergehen' wie Zu-Spät-Kommen, Krankheit, Verfehlen der Produktionsziele, Ablehnung von Überstunden
- Unterdrückung des Rechts auf Organisierung, Gewerkschaftsbildung und kollektive Tarifverhandlungen
- unzureichender oder nicht vorhandener Gesundheits- und Arbeitsschutz
- häufig sexuelle Übergriffe
- häufig Verletzungen der Menschenwürde (z.B. ein Zeitlimit für Toilettengänge)
- Fehlen öffentlicher Verkehrsmittel, vor allem nach Spätschichten
Die Bedingungen, die in den Freihandelszonen außerhalb der Fabriken herrschen, sind nicht besser. Die Arbeiterinnen leben in Wohnheimen in einzelnen überfüllten Räumen, wo sich häufig zehn bis zwölf Frauen eine Fläche von drei mal vier Metern teilen, auf der sie auch noch kochen müssen. Oft gibt es keinen Strom, und frisches Wasser ist knapp. Belüftung und Sanitäranlagen sind in der Regel nicht ausreichend. Die Arbeiterinnen geben ihre Löhne für das Überlebensnotwendige aus: Nahrung, Unterkunft, Fahrt zur Arbeit; kleine Beträge werden an die Familien geschickt. Manchmal sparen die Frauen über Jahre für eine Mitgift.
Auch außerhalb der FTZ finden Arbeiterinnen schlechte Arbeitsbedingungen vor. Die Löhne sind oft noch niedriger. Immerhin ist es dort aber einfacher, Gewerkschaften zu bilden, da die Kontrolle der gesamten Lebensumstände der Arbeiterinnen durch die Unternehmen nicht ganz so schrankenlos ist wie in den FTZ, wo die Arbeiterinnen innerhalb der umzäunten Areale leben, die von Militärs und Sicherheitskräften patroulliert und abgeriegelt werden, um die Politik des Zutrittsverbots für unerwünschte 'Elemente' (Presse, Gewerkschaften, NGO-VertreterInnen, Arbeitsinspektoren) abzusichern. Innerhalb der FTZ fällt es den Unternehmen unter diesen Bedingungen leicht, Ansätze der Organisierung im Keim zu ersticken. Auch Fälle brutaler Unterdrückung und Gewaltanwendung gegen streikende oder demonstrierende Beschäftigte bleiben wegen der fehlenden Kontrolle häufig folgenlos.
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Eine gespaltene Gesellschaft
Im Mai 2009 haben die Regierungstruppen Sri Lankas die Rebellen der Separatistenbewegung Tamilische Tiger (LTTE) vernichtend geschlagen. Aber Frieden bedeutet dies nach Jahrzehnten des Bürgerkriegs noch lange nicht. Das Klima im Land ist nach wie vor von Angst vor Terror, von Misstrauen und rassistischen Ressentiments geprägt. In der singhalesischen Mehrheit werden nach wie vor Ängste vor der tamilischen Minderheit geschürt, was dem Zusammenleben nicht gerade förderlich ist.
Die 2010 im Amt bestätigte politische Führung setzt seit Jahr und Tag auf Militarisierung und Ausgrenzung. Gewerkschafter, unabhängige Journalisten und Menschenrechtsaktivisten werden eingeschüchtert oder sogar entführt oder getötet. So wurden z.B. vor einigen Jahren Plakate mit dem Konterfei des Vorsitzenden der FTZ&GSEU und weiterer unabhängiger Gewerkschafter aufgehängt, in denen diese öffentlich als Staatsfeinde, Unruhestifter und Tamilenfreunde denunziert wurden - sehr gefährlich für die Betroffenen in einem rassistisch aufgeladenen Klima. 'Terrorabwehr'-Gesetze machen den Menschen das Leben schwer und führen immer wieder dazu, dass unliebsame oppositionelle Kräfte ausgeschaltet werden.
Das Fehlen von Frieden im Land hat auch massive negative Auswirkungen für die konkreten Lebensbedingungen der Arbeiterinnen sowie die Bedingungen freier gewerkschaftlicher Betätigung nicht nur in den Fabriken der überwiegend in den Küstenregionen angesiedelten Freihandelszonen, sondern auch in den Teeplantagen im Bergland in der Mitte der Insel.
Immer wieder bietet das Klima im Lande scheinbar eine Rechtfertigung, an sozialen Standards und Beschäftigtenrechten zu rütteln. Soziale Unruhen landen schnell in der Terrorismus-Schublade. Drastische Bestrafungen für Beschäftigte, die sich lediglich für ihre Rechte eingesetzt haben, sind die Folge und haben eine abschreckende Signalwirkung. Z.B. hat ein Unternehmen versucht, nach einer Betriebsblockadeaktion eine Anklage der streikenden Beschäftigten nach dem Geiselnehmer-Paragraphen des Anti-Terror-Gesetzes zu erreichen. Ein Klima der Einschüchterung, Angst und Unterdrückung ist die Folge.
Da die Gerichtsbarkeit auf Grund des immer wieder aufflammenden Bürgerkrieges faktisch zusammengebrochen ist, können sich die Arbeiterinnen gegen Verletzungen ihrer Rechte auf juristischem Wege praktisch nicht wehren. Darüber hinaus verbieten die "Notstands"- und "Anti-Terror"-Gesetze "alle Aktivitäten", die "dazu angetan sind, Terrorismus zu ermutigen und die normalen Aktivitäten der Bevölkerung zu stören." Zu diesen Aktivitäten werden Demonstrationen, Streiks, zum Teil aber auch öffentliche Versammlungen überhaupt gerechnet.
Jegliche "Einmischung von außen" verbittet sich der nationalistische Staat. Wenn sich Gewerkschaften ihrer internationalen Kontakte bedienen, um die Lage der Beschäftigten oder Arbeitsrechtsverstöße durch die Arbeitgeber publik zu machen und international Druck zu erzeugen, gelten sie schnell als "Nestbeschmutzer" oder "Agenten" anderer Nationen, die dem "Mutterland" schaden wollen, z.B. indem sie dessen Ruf bei Investoren oder Abnehmern schädigen.
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Im Mai 2009 haben die Regierungstruppen Sri Lankas die Rebellen der Separatistenbewegung Tamilische Tiger (LTTE) vernichtend geschlagen. Aber Frieden bedeutet dies nach Jahrzehnten des Bürgerkriegs noch lange nicht. Das Klima im Land ist nach wie vor von Angst vor Terror, von Misstrauen und rassistischen Ressentiments geprägt. In der singhalesischen Mehrheit werden nach wie vor Ängste vor der tamilischen Minderheit geschürt, was dem Zusammenleben nicht gerade förderlich ist.
Die 2010 im Amt bestätigte politische Führung setzt seit Jahr und Tag auf Militarisierung und Ausgrenzung. Gewerkschafter, unabhängige Journalisten und Menschenrechtsaktivisten werden eingeschüchtert oder sogar entführt oder getötet. So wurden z.B. vor einigen Jahren Plakate mit dem Konterfei des Vorsitzenden der FTZ&GSEU und weiterer unabhängiger Gewerkschafter aufgehängt, in denen diese öffentlich als Staatsfeinde, Unruhestifter und Tamilenfreunde denunziert wurden - sehr gefährlich für die Betroffenen in einem rassistisch aufgeladenen Klima. 'Terrorabwehr'-Gesetze machen den Menschen das Leben schwer und führen immer wieder dazu, dass unliebsame oppositionelle Kräfte ausgeschaltet werden.
Das Fehlen von Frieden im Land hat auch massive negative Auswirkungen für die konkreten Lebensbedingungen der Arbeiterinnen sowie die Bedingungen freier gewerkschaftlicher Betätigung nicht nur in den Fabriken der überwiegend in den Küstenregionen angesiedelten Freihandelszonen, sondern auch in den Teeplantagen im Bergland in der Mitte der Insel.
Immer wieder bietet das Klima im Lande scheinbar eine Rechtfertigung, an sozialen Standards und Beschäftigtenrechten zu rütteln. Soziale Unruhen landen schnell in der Terrorismus-Schublade. Drastische Bestrafungen für Beschäftigte, die sich lediglich für ihre Rechte eingesetzt haben, sind die Folge und haben eine abschreckende Signalwirkung. Z.B. hat ein Unternehmen versucht, nach einer Betriebsblockadeaktion eine Anklage der streikenden Beschäftigten nach dem Geiselnehmer-Paragraphen des Anti-Terror-Gesetzes zu erreichen. Ein Klima der Einschüchterung, Angst und Unterdrückung ist die Folge.
Da die Gerichtsbarkeit auf Grund des immer wieder aufflammenden Bürgerkrieges faktisch zusammengebrochen ist, können sich die Arbeiterinnen gegen Verletzungen ihrer Rechte auf juristischem Wege praktisch nicht wehren. Darüber hinaus verbieten die "Notstands"- und "Anti-Terror"-Gesetze "alle Aktivitäten", die "dazu angetan sind, Terrorismus zu ermutigen und die normalen Aktivitäten der Bevölkerung zu stören." Zu diesen Aktivitäten werden Demonstrationen, Streiks, zum Teil aber auch öffentliche Versammlungen überhaupt gerechnet.
Jegliche "Einmischung von außen" verbittet sich der nationalistische Staat. Wenn sich Gewerkschaften ihrer internationalen Kontakte bedienen, um die Lage der Beschäftigten oder Arbeitsrechtsverstöße durch die Arbeitgeber publik zu machen und international Druck zu erzeugen, gelten sie schnell als "Nestbeschmutzer" oder "Agenten" anderer Nationen, die dem "Mutterland" schaden wollen, z.B. indem sie dessen Ruf bei Investoren oder Abnehmern schädigen.
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Die Gewerkschaft FTZ&GSEU
Die Gewerkschaft FTZ&GSEU agiert mitten in dieser militarisierten Gesellschaft. Es wäre unter diesen Bedingungen, auch wenn gewollt, gar nicht möglich, ausschließlich für eng umgrenzte Beschäftigteninteressen ("Löhne und Besitzstände") einzutreten, ohne sich mit gesellschaftlichen Fragen im breiteren Rahmen auseinander zu setzen, da diese breiteren gesellschaftlichen Themen den Beschäftigten ganz konkret das Leben schwer machen und die gewerkschaftliche Betätigung sogar oft zu einem lebensgefährlichen Unternehmen werden lassen.
Die Gewerkschaft führt daher immer wieder breit angelegte Kampagnen durch, zu menschenwürdigen Löhnen und Beschäftigtenrechten, aber auch zu Frauenrechten, Menschenrechten, Meinungsfreiheit etc. Z.B. hat sie im Vorfeld der Präsidentschaftswahl von 2010 gemeinsam mit anderen unabhängigen Gewerkschaften ein demokratisches Bürgerforum gegründet, um in der "Wahl" zwischen den beiden militaristisch orientierten Präsidentschaftskandidaten einen Gegenpol zu setzen.
Die im Jahr 2000 gegründete Free Trade Zones Workers and General Services Employees Union (FTZ&GSEU) will die Beschäftigten dabei unterstützen, sich gewerkschaftlich zu organisieren. Sie ist demokratisch und unabhängig; Frauen stellen in ihrer Führung sowie in der gesamten Mitgliedschaft die Mehrheit. Die Gewerkschaft ist registriert, aber die wahre Herausforderung besteht darin, in den Fabriken der Freihandelszonen sowohl vom jeweiligen Management als auch von der zuständigen Behörde BOI (Board of Investment) anerkannt zu werden.
Weitere Arbeitsschwerpunkte der Gewerkschaft:
Wenn Beschäftigte in den Fabriken der Freihandelszonen Betriebsgewerkschaften bilden, wie es ihnen gesetzlich zusteht, weigern sich die Unternehmen in der Regel, diese anzuerkennen. Vor diesem Hintergrund kämpfen die Arbeiterinnen für ihr Recht, sich zu organisieren und unabhängige, demokratische Gewerkschaften zu bilden, für die Implementation der Arbeitsrechte und für eine Verbesserung ihrer Arbeits- und Lebensbedingungen. Diese Situation ist überall in den Freihandelszonen dieselbe: Die Anerkennung der im Betrieb agierenden Gewerkschaft ist notwendig, damit diese Tarifverhandlungen führen sowie Forderungen und Beschwerden vorbringen kann.
Es ist traurige Normalität, dass den betrieblichen Vertretungen (branches) der FTZ&GSEU die Anerkennung durch die jeweilige Unternehmensleitung verweigert wird. Arbeiterinnen, die ihnen angehören, sind schon geschlagen und teilweise auch verhaftet worden, wenn die Betriebsgewerkschaft versucht hat, zu verhandeln und dem Management Beschwerden vorzutragen. Außerdem gibt es immer wieder Entlassungen, Übergriffe und Einschüchterungsversuche, und manchmal haben Unternehmen auf die Bildung von FTZWU-Betriebsvertretungen mit der Schließung der Fabrik reagiert.
Das alles geschieht, obwohl in Sri Lanka eigentlich das Recht besteht, Gewerkschaften zu bilden, sich zu organisieren und kollektive Tarifverhandlungen zu führen. Diese Rechte sind in der sri-lankischen Verfassung und im Arbeitsrecht verankert; außerdem hat Sri Lanka die einschlägigen ILO-Konventionen Nr. 87 und 98 ratifiziert.
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Viele der Zustände in den Fabriken der Produktionsländer verstoßen gegen geltendes Recht. Dessen Existenz allein hilft den Beschäftigten also nicht - ebenso wenig wie einseitige Goodwill-Aktionen der multinationalen Abnehmer zur Image-Pflege. Die Gewerkschaft FTZ&GSEU agiert mitten in dieser militarisierten Gesellschaft. Es wäre unter diesen Bedingungen, auch wenn gewollt, gar nicht möglich, ausschließlich für eng umgrenzte Beschäftigteninteressen ("Löhne und Besitzstände") einzutreten, ohne sich mit gesellschaftlichen Fragen im breiteren Rahmen auseinander zu setzen, da diese breiteren gesellschaftlichen Themen den Beschäftigten ganz konkret das Leben schwer machen und die gewerkschaftliche Betätigung sogar oft zu einem lebensgefährlichen Unternehmen werden lassen.
Die Gewerkschaft führt daher immer wieder breit angelegte Kampagnen durch, zu menschenwürdigen Löhnen und Beschäftigtenrechten, aber auch zu Frauenrechten, Menschenrechten, Meinungsfreiheit etc. Z.B. hat sie im Vorfeld der Präsidentschaftswahl von 2010 gemeinsam mit anderen unabhängigen Gewerkschaften ein demokratisches Bürgerforum gegründet, um in der "Wahl" zwischen den beiden militaristisch orientierten Präsidentschaftskandidaten einen Gegenpol zu setzen.
Die im Jahr 2000 gegründete Free Trade Zones Workers and General Services Employees Union (FTZ&GSEU) will die Beschäftigten dabei unterstützen, sich gewerkschaftlich zu organisieren. Sie ist demokratisch und unabhängig; Frauen stellen in ihrer Führung sowie in der gesamten Mitgliedschaft die Mehrheit. Die Gewerkschaft ist registriert, aber die wahre Herausforderung besteht darin, in den Fabriken der Freihandelszonen sowohl vom jeweiligen Management als auch von der zuständigen Behörde BOI (Board of Investment) anerkannt zu werden.
Weitere Arbeitsschwerpunkte der Gewerkschaft:
- Lobbyarbeit: bei Regierungsbehörden, Arbeitgebern und BOI sowie auch international zu aktuellen (z.B. bei Gesetzesvorhaben; bzgl. EU-Exportstatus oder Wirtschaftskrise als Lohndumping-Ausrede) und Dauerthemen (Recht auf gewerkschaftliche Organisierung, Implementation von Arbeitsrechten, menschenwürdige Löhne etc.) der Beschäftigten sowie allgemein gesellschaftlichen Themen (Frauenrechte, ethnische Diskriminierung, Meinungsfreiheit etc.)
- Öffentliche Kampagnen und Bewusstseinsbildung für Beschäftigte und BürgerInnen zu demselben Themenspektrum (z.B. "Ist Kleidung aus Sri Lanka wirklich immer ethisch korrekt?" in Antwort auf eine Imagekampagne des Arbeitgeberverbandes; "Arbeiterinnen sind kein Freiwild" etc.)
- Beratung und Begleitung von Beschäftigten bei Gründung von Betriebsgewerkschaften und Konflikten im Betrieb
- Vernetzung/Koordinierung und gemeinsame Aktionen mit anderen unabhängigen Gewerkschaften im privaten und öffentlichen Sektor
- Vernetzung mit internationalen Gewerkschaften, Verbänden und Organisationen
- Workshops, Schulungen und Bildungsmaßnahmen für v.a. weibliche Mitglieder sowie Aktivistinnen und Organiserinnen in den Fabriken
- Materialien zu Information und Bewusstseinsbildung
- Im Extremfall: Nothilfe, z.B. nach dem Tsunami von 2004 mit einem Hausbau- und -sanierungsprogramm für betroffene Beschäftigte und ihre Familien
Wenn Beschäftigte in den Fabriken der Freihandelszonen Betriebsgewerkschaften bilden, wie es ihnen gesetzlich zusteht, weigern sich die Unternehmen in der Regel, diese anzuerkennen. Vor diesem Hintergrund kämpfen die Arbeiterinnen für ihr Recht, sich zu organisieren und unabhängige, demokratische Gewerkschaften zu bilden, für die Implementation der Arbeitsrechte und für eine Verbesserung ihrer Arbeits- und Lebensbedingungen. Diese Situation ist überall in den Freihandelszonen dieselbe: Die Anerkennung der im Betrieb agierenden Gewerkschaft ist notwendig, damit diese Tarifverhandlungen führen sowie Forderungen und Beschwerden vorbringen kann.
Es ist traurige Normalität, dass den betrieblichen Vertretungen (branches) der FTZ&GSEU die Anerkennung durch die jeweilige Unternehmensleitung verweigert wird. Arbeiterinnen, die ihnen angehören, sind schon geschlagen und teilweise auch verhaftet worden, wenn die Betriebsgewerkschaft versucht hat, zu verhandeln und dem Management Beschwerden vorzutragen. Außerdem gibt es immer wieder Entlassungen, Übergriffe und Einschüchterungsversuche, und manchmal haben Unternehmen auf die Bildung von FTZWU-Betriebsvertretungen mit der Schließung der Fabrik reagiert.
Das alles geschieht, obwohl in Sri Lanka eigentlich das Recht besteht, Gewerkschaften zu bilden, sich zu organisieren und kollektive Tarifverhandlungen zu führen. Diese Rechte sind in der sri-lankischen Verfassung und im Arbeitsrecht verankert; außerdem hat Sri Lanka die einschlägigen ILO-Konventionen Nr. 87 und 98 ratifiziert.
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Das einzige, was den Beschäftigten wirklich hilft, ihre Rechte gegen unwillige Arbeitgeber und untätige Behörden durchzusetzen, ist die Möglichkeit, sich in unabhängigen Gewerkschaften ihrer Wahl zu organisieren !
Ein Interview mit Anton Marcus von der FTZ&GSEU zur Situation der Bekleidungsbeschäftigten in Sri Lanka findet sich auf der Webseite der Internationalen Arbeitsorganisation ILO.
Hier geht es zum Video (auf englisch).